Kinesiologisches Taping fuer Pferde - 1

Kinesiologisches Taping für Pferde – wieso, weshalb, warum?

Bei Sportübertragungen im Fernsehen sieht man heutzutage sehr oft Athleten und Sportler die bunte Streifen am Körper tragen. Aber was genau hat es damit auf sich? Wieso tragen die Sportler die bunten Klebebänder und wie wirken sie? Und kann man diese auch bei Tieren anwende? Und wenn ja, wie?

Am meisten kommen das Kinesiologische Tape inzwischen bei Pferden zum Einsatz, denn auch Pferde sind Athleten, und damit sind nicht nur die Vierbeiner im Hochleistungssport gemeint. Auch jedes Freizeitpferd vollbringt ein gewisses Maß an sportlicher Leistung und kann von kinesiologischem Tape profitieren.

Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Kinesiologisches Taping?
Kinesiologie bedeutet im medizinisch-wissenschaftlichen Bereich soviel wie Bewegungslehre und befasst sich in diesem Bereich mit der Wirkung und Bewegung von Muskeln, Sehnen, Bändern und Knochen. Daher trägt diese Form von Taping auch den Beinamen “kinesiologisch”, denn es erlaubt, fördert und unterstützt die natürliche Bewegung des Körpers.

Taping an sich ist aber nichts Neues. Es gab schon früher Methoden den Körper bzw. Gelenke zu tapen. Dabei wurde aber meist ein sehr dickes, starres und unbewegliches Tapingmaterial benutzt. Das funktionierte zwar wunderbar, wenn mein ein verletztes oder schwaches Gelenk stützen wollte, nur hat es dieses auch in seinem Bewegungsradius deutlich eingeschränkt und kaum Bewegung zugelassen.

Durch vermehrtes Studium von Bewegung und Biomechanik weiß man heute, dass ein gewisses Maß an kontrollierter Bewegung für den Heilungsprozess und die Rehabilitation oftmals sehr viel förderlicher ist.

Da kam das Kinesiologische Taping genau richtig. Es wurde in den 70ziger und 80ziger Jahren von dem japanischen Chiropraktiker Dr. Kenzo Kase entwickelt. Er wollte nämlich genau das oben genannte erreichen und bewirken: Ein Material, das das Gewebe unterstützt, aber dennoch den Bewegungsradius nicht einschränkt. Und er wollte etwas was er seinen Patienten “mitgeben” konnte. Etwas das seine eigentliche chiropraktische Behandlung noch unterstützt und länger wirksam und effektiver macht.

Was ist so besonders an diesem Tapingmaterial?
Kinesiologisches Tape besteht aus einem Latex freiem Baumwollgewebe, welches in seiner Längsrichtung mit Elasthanfasern durchzogen ist. Diese Fasern ermöglichen die Dehnbarkeit des Materials. Auf der Rückseite des Tapes befindet sich ein medikamentenfreier Acrylkleber. Dieser ist in einer ganz bestimmten Wellenform aufgebracht, mit kleber-freien Zwischenräumen. Dadurch wird das Tape atmungsaktiv und wasserdurchlässig.  Diese Kombination, aus elastischem Baumwollgewebe (das in seiner Dicke etwa der, der Haut entspricht)  und der speziellen Klebertextur, gibt dem Kinesiologischen Tape ein hautähnlichen Charakter.

Wie wirkt das Kinesiologische Taping?
Da das Kinesiologische Tape, wie bereits erwähnt elastisch und dehnbar ist, sowie einen hautähnlichen Charakter hat, passt es sich der Haut an, unterstützt das Gewebe in seiner Funktion und bewegt sich mit dem Gewebe und der Haut mit. Weder staut, noch komprimiert es die Muskulatur oder die Gelenke. Im Gegenteil: Es kommt zu einer Interaktion mit der Haut und es beeinflusst dadurch die Neuro-, Mechano-, Nozi- und Propriozeptoren und stimuliert die Zirkulation im Gewebe.

Der grundlegende Effekt besteht darin, dass das Kinesiologische Tape mit leichter Dehnung aufgeklebt wird. Alles was gedehnt wird, will wieder in seine ungedehnte Ausgangsform zurück! Dabei nimmt es die anhaftende Hautschicht mit und hebt diese leicht an.  Durch dieses “Anheben” entsteht mehr Platz im Gewebe darunter. Blut und Lymphflüssigkeit können besser fliessen und es nimmt den Druck von gereizten Sinneszellen. Der Effekt des “Anhebens” setzt sich dann in der nächsten, tieferen Gewebeschicht fort und dann in der nächsten……… und dadurch kann man auch tiefer liegende Schichten erreichen.

Wenn der Druck aus dem Gewebe genommen wird, macht sich dies zum Beispiel bei der Muskelarbeit positiv bemerkbar. Alte Stoffwechsel-Abbauprodukte werden besser abtransportiert und neues Blut mit neuen Nährstoffen und Sauerstoff kann vermehrt nachfliessen.  Durch den verbesserten Blutfluss in diesem Bereich wird auch allgemein das Kreislaufsystem angeregt. Des Weiteren nimmt es den Druck von den Schmerzrezeptoren und fördert somit die Schmerzlinderndung.

Nachdem sich das Kinesiologische Tape so erfolgreich zeigte in den Bereichen der Humanvorsorge, -training und -rehabilitation, war es nur natürlich, dass  es auch irgendwann Anwendung im Tierbereich fand. Kinesiologisches Tape und die Techniken wurden mit der Zeit adaptiert für den Einsatz auf Fell. Hier muss das Tape nämlich einiges mehr Aushalten als auf der menschlichen Haut und Tiere benehmen sich leider nicht immer so vorbildlich wie die menschlichen Patienten. Abgesehen von Wind und Wettereinflüssen, wird sich da gerne mal selber oder auch gegenseitig am Fell geknabbert oder auch trotz Tapinganlage mit Wonne im Matsch, Dreck und Sand gewälzt. Insofern, war es nötig einen verbesserten Kleber zu entwickeln, der besser haftet und trotzdem gut vom Fell zu entfernen ist, ebenso wie Techniken die das Kinesiologische Tape am Tier haltbarer machen. Denn Tape ist nicht gleich Tape. Die meisten Produkte sind nach wie vor für den Gebrauch im Humanbereich entwickelt und konzipiert. Diese haften nur sehr begrenzt auf Fell und viele gar nicht. Deshalb empfiehlt es sich dringend, beim Tapen von Tieren auf extra dafür entwickeltes Kinesiologisches Tape zurück zu greifen. Die Klebertextur ist extra so weiterentwickelt worden, dass damit auch eine zuverlässige Applikation bei Patienten mit Fell gewährleistet ist. Auch wenn die meisten Kinesiologischen Tapes auf den Pferdebereich ausgerichtet sind, funktionieren sie natürlich genauso gut bei anderen Tieren. Sie sind zum Beispiel auch viel bei Hunden und Kühen im Einsatz.

Hier ein paar Beispiele für die  gängisten und am häufigstem vorkommenden Tapingalnagen im Pferdebereich. 

Muskeltaping: In Abhängigkeit von der Richtung in der das Tape appliziert wird (vom Ursprung zum Ansatz oder vom Ansatz zum Ursprung) kann man einen schwachen Muskel unterstützen und aktivieren oder einen überstrapazierten Muskel entspannen, wenn er schmerzhaft und/oder verspannt ist.

Lymphtaping: Diese Anlage dient zur Förderung der Zirkulation und ist hilfreich bei Schwellungen in den Extremitäten. Zum Beispiel nach einem Einschuss, wenn die akute entzündliche Phase abgeklungen ist, aber noch eine Restschwellung verbleibt.

Sehnen- und Fesselträgertaping: Hilfreich in der Rehabilitation bei Schäden der oberflächlichen oder tiefen Beugesehne oder des Fesselträgers. Diese Applikation kommt aber auch präventiv zum Einsatz: zur Stützung bei schwachen Fesselungen und Fesselträgern.

Narbentaping: Narbengewebe kann mitunter sehr starr und unelastisch sein. Je nachdem in welchem Bereich die Narbe liegt, kann dadurch der Bewegungsradius eingeschränkt oder der Energiefluss blockiert sein. Narbentaping kann das gestörte Gewebe wieder elastischer machen.

Haematomtaping: Ähnlich dem Lymphtaping fördert es den Abfluss von gestauter Flüssigkeit und Abbauprodukten bei regionalen Schwellungen wie z.B. massiven Schwellungen durch einen Insektenstich oder einen Tritt von einem anderen Pferd.

Dekompressionstaping: Durch die Überlagerung mehrerer  Tapestreifen kommt es zu einer Potenzierung des “Anhebe-Effekt” und es wird extrem viel Platz im Gewebe geschaffen. Dies kommt zum Beispiel bei Triggerpoints zum Einsatz oder regional stark verspannten Bereichen.

Stabilisierungstaping: Diese Tapinganlage wird häufig angewendet bei Schwachpunkten im knöchernen Bewegungsapparat oder aber nach dem Lösen einer Blockierung.

Faszientaping: Die Faszie ist ein Teil des Bindegewebes und umhüllt Muskeln (und Organe). Die Faszien erlauben es den Muskeln, dass sie problemlos aneinander vorbeigleiten können, wenn sich das Pferd bewegt. Sind diese Faszien verklebt, kann man sie mit einem Faszientape unterstützen und lösen.

Trotz dieses vielfältigen Einsatzgebietes für Kinesiologisches Taping ist aber immer zu berücksichtigen, dass es kein alleiniges Heilmittel ist. Dem Taping selber sollte immer eine gründliche Befunderstellung vorausgehen, damit man sich über die Situation und Problematik des Pferdes im Klaren ist. Auch wenn das Taping für sich eine gute Wirkung hat, ist es noch effektiver in Kombination mit anderen Behandlungsmethoden: z.B. Muskeltape nach einer Massage oder ein Lymphtape nach einer Lymphdrainage. Das Kinesiologische Taping ist als eine unterstützende Maßnahme gedacht.

Haben die Farben eine Wirkung?
Technisch gesehen: Nein! Die Tapes eines Herstellers/einer Marke sind produktionstechnisch alle gleich, egal welche Farbe sie haben. Sie sind alle gleich dehnbar und alle medikamenten-frei.

Kinesiologisches Taping - Farben

Aber gemäß der Farblehre hat es durchaus einen Einfluss welche Farbe man bei welcher Problematik einsetzt. Es liegt am Therapeuten und seiner Arbeitsweisese, ob er die Farblehre und somit die Farbgebung beim Taping in seine Behandlung mit einfließen lassen möchte oder nicht.

Wie lange sollte das Tape auf dem Pferd bleiben?
Empfehlenswert sind 3-5 Tage. Die größte Wirkung zeigt sich in den ersten 24 Stunden und nach einigen Tagen hat der Körper und die Sinneszellen sich an das Kinesiologische Tape “gewöhnt” und der Reiz ebbt ab. Dann ist es sinnvoller das Tape zu entfernen und nach einer Weile eventuell erneut zu tapen, um einen erneuten Impuls zu setzen.


Ein Artikel von Katja Bredlau-Morich, horse-wellness.com

Katja Bredlau-Morich

Katja Bredlau-Morich

Katja Bredlau-Morich ist zertifizierte Tierphysiotherapeutin, zertifiziert für flexibles Pferdetaping sowie zertifizierte Equi-Tape Therapeutin. Sie ist zu erreichen unter: katja@horse-wellness.com