Helicobacter - Ute Friederike Schernau

Helicobacter – Bakterien mit raffinierter Überlebensstrategie

In meiner, auf das Verdauungssystem spezialisierten Tierheilpraxis habe ich immer wieder Hunde-, aber auch Katzenpatienten, bei denen die Diagnose „Magenschleimhautentzündung“ lautet. Beim Menschen, wird diese Erkrankung neben Magengeschwüren in hohem Maße mit dem Bakterium Helicobacter in Verbindung gebracht. Doch kann dieses auch bei Hund und Katze, die Ursache einer Magenschleimhautentzündung sein? Und wie sieht es damit eigentlich beim Pferd aus? Können sich Mensch und Tier gegenseitig mit dem Bakterium anstecken? Zur Klärung dieser Fragen habe ich mich auf die Suche nach Antworten begeben.

Verschiedene Helicobacter-Arten

Einige Helicobacter-Arten besiedeln bei Mensch und/oder Tier die Magenschleimhaut, andere wiederum den Darm oder sogar die Leber. Bislang sind über 60 von ihnen bekannt. Einige, sind auch beim Tier zu finden. Sie werden zum Beispiel mit Entzündungen des Magen-Darm-Trakts, aber auch mit Lebererkrankungen in Verbindung gebracht. Welche Helicobacter-Arten beim Tier vorkommen und in welchem Organ sie zu finden sind, sehen Sie hier:

  • Katze: Helicobacter (H.) pylori (Magen), H. heilmannii (Magen), H. felis (Magen)
  • Hund: H. heilmannii (Magen), H. felis (Magen), H. canis (Darm, Leber), H. bizzozeroni (Magen), H. rappini (Magen, Darm), H. bilis (Magen, Darm, Leber)

Interessanterweise, wird in der Fachliteratur keine einzige Helicobacter-Art mit dem Pferd in Verbindung gebracht. In einem englischsprachigen Fachbuch heißt es dazu: „Helicobacter pylori is a causative agent of gastric ulcers in humans but there is no conclusive evidence of this in the horse.“ Und das, obwohl viele Pferde nicht nur an einer Magenschleimhautentzündung, sondern obendrein an Magengeschwüren leiden – dies sind schätzungsweise 60 Prozent aller Sport- und 90 Prozent aller Rennpferde.

Also, schauen wir uns zunächst einige, der bei Hund und Katze vorkommenden Helicobacter-Arten genauer an:

Helicobacter pylori

Dieses urease-positive, gebogene bzw. spiralförmige Bakterium ist mit Geißeln besetzt – dies fördert seine Beweglichkeit. Sein sehr aktives Enzym Urease sorgt dafür, dass vorhandener Harnstoff in Ammoniak und Kohlendioxid gespalten wird. Einerseits zeigt dies an, das H. pylori anwesend ist – hierfür könnte übrigens theoretisch auch bei Hund und Katze, der in der Humanmedizin bekannte „C-Harnstoff-Atemtest“ genutzt werden. Andererseits wird durch diese Aktivität die Magensäure in der unmittelbaren Umgebung des Bakteriums neutralisiert. Deshalb kann H. pylori auf seinem Weg zur schützenden, weniger sauren Schleimschicht überleben. Aufgrund seiner speziellen Form und mithilfe der Geißeln, verlässt es außerdem schnell das saure Milieu des Magens und durchdringt die zuvor beschriebene Schleimschicht.

Zusätzlich nutzt H. pylori bestimmte Enzyme, die sogenannten Proteasen, damit es zum Beispiel leichter durch die Schleimschicht des Magens gelangen und sich an seiner Schleimhaut anheften kann. Damit es darüber hinaus nicht von Phagozyten – dies sind spezialisierte Zellen des Immunsystems – erkannt und „aufgefressen“ wird, schützt es sich, indem es die Enzyme Katalase und Oxidase bildet. Hat das Bakterium erst einmal die Zelloberfläche mithilfe der beschriebenen Mechanismen erreicht, dann findet es dort optimale Wachstumsbedingungen und kann die Epithelzellen des Magens schädigen.

Protease (Synonyme: Proteinase, Peptidase, proteolytisches Enzym): Dieses Enzym kann unter anderem Proteine spalten.

Katalase: Es handelt sich dabei um ein Enzym, das Wasserstoffperoxid in Wasser und Sauerstoff spaltet.

Oxidase: Damit ist ganz grob gesagt ein Sauerstoff übertragendes Enzym gemeint.

Epithel: Es handelt sich um die oberste Zellschicht des Haut- bzw. Schleimhautgewebes.

Zoonosen: Gemeint sind Infektionskrankheiten, die gleichermaßen bei Mensch und Tier vorkommen und zwischen ihnen übertragen werden können.

Helicobacter felis und Helicobacter heilmannii

Beide Bakterienarten (zusammengefasst als GHLO; Erläuterung siehe dazu unter „H. bizzozeroni“) sind schraubenartig gewunden und besitzen ebenfalls Geißeln. Wie schon H. pylori, sind auch sie urease-positiv. Außerdem produzieren sie zum Schutz gegen Phagozyten unter anderem Katalase und Oxidase. Während jedoch H. felis das Epithel des Magens teils schwer schädig, konnte dies für H. heilmannii bislang nicht nachgewiesen werden.

Helicobacter canis und Helicobacter bilis

Das Besondere dieser beiden Erreger ist, dass ihnen die aggressiven Gallensäuren nichts anhaben und sie deshalb die Leber eines Hundes besiedeln können.

Helicobacter bizzozeroni

Auch diese Helicobacter-Art ist urease-positiv und produziert zum Selbstschutz Katalase sowie Oxidase. Außerdem tauchen damit verbunden immer wieder Begriffe wie helicobacter-like-organisms (HLO), helicobacter-pylori-like-organisms (HPLO), gastric-helicobacter-like-organisms (GHLO) oder auch gastrospirillum-like-organisms (GLO) auf. Dahinter verbergen sich bislang noch nicht vollständig identifizierte Helicobacter-Arten, die aber unter dem Lichtmikroskop durchaus erfasst werden können

Krankhafte Veränderungen

Im Gegensatz zum Menschen ist beim Tier noch nicht vollständig geklärt, welche krankhaften Veränderungen die unterschiedlichen Helicobacter-Arten hervorrufen. Jedoch scheinen die Erreger auch bei Hund und Katze unter anderem mit einer Gastritis, Durchfall, Erbrechen und Appetitlosigkeit in Verbindung zu stehen. Eine Infektion mit Helicobacter führt jedoch nicht zwingend zu einer Erkrankung bzw. zum Auftreten, der zuvor beschriebenen Symptome. Vermutlich beeinflussen die Stärke der Infektion sowie die individuelle Wirtsantwort, aber auch Umweltfaktoren das klinische Bild.

Übertragungswege

Helicobacter kann beim Tier oral-oral, gastrisch-oral sowie unter Umständen auch fäkal-oral weitergegeben werden. Im ersten Fall wird der Erreger mithilfe des Speichels durch gegenseitiges Belecken übertragen. Im zweiten Fall trägt der Kontakt mit Erbrochenem dazu bei, dass ein infiziertes Tier ein bisher nicht-infiziertes Individuum ansteckt. Dies wurde jedoch bislang nur bei Hunden nachgewiesen. Im dritten Fall wird Helicobacter durch infizierten Kot übertragen – dies kann unter anderem durch das Belecken der Analregion geschehen. Zudem stehen Fliegen in Verdacht. Bei ihnen wurde beispielsweise H. pylori sowohl auf der Körperoberfläche, als auch im Darmtrakt nachgewiesen.

Zoonoserisiko

Es wird vermutet, dass vor allem H. pylori, aber auch H. felis und H. heilmannii Zoonoseerreger sind, die vom Tier auf den Menschen und umgekehrt übertragen werden können. Dies unterstützt der teils enge Kontakt zwischen Mensch und Hund bzw. Mensch und Katze.

Diagnostik

Wie beim Menschen, können auch bei Hund und Katze sogenannte invasive und nicht-invasive Diagnosemethoden zum Nachweis von Helicobacter genutzt werden.

Invasive Methoden

Hierzu gehört zum Beispiel die Magenspiegelung. Diese Untersuchungsmethode eignet sich unter anderem zum Betrachten der Magenschleimhaut sowie zur Entnahme von Gewebe. Die dabei gewonnenen Proben werden mittels verschiedener Tests untersucht. Hierzu gehören beispielsweise der Urease-Schnelltest, die sogenannte Histopathologie, bei der die spirillenförmigen Bakterien in einer angefärbten Gewebeprobe erkannt werden oder auch der sogenannte PCR-Test (Polymerase Chain Reaction) mit dessen Hilfe ein Erreger anhand seines Erbmaterials identifiziert wird.

Die Spiegelung des Magens sowie gegebenenfalls zusätzlich des Dünndarms sorgt beim betroffenen Tier, aber auch bei Ihnen als Tierhalter in der Regel für sehr viel Stress. Manch einer von Ihnen schreckt deshalb vor dieser Untersuchung zurück. Sollten Sie dennoch einmal den Befund einer endoskopischen Untersuchung des Magens und eventuell auch des Dünndarms in Händen halten, dann achten Sie bitte auf die Begriffe „Spirillen“ oder auch „helicobacterartige Gastrospirillen“, denn Helicobacter gehört zur Familie der Spirillaceae.

Nicht-invasive Methoden

Um Helicobacter auf die Spur zu kommen, kann Erbrochenes mittels der Helicobacter PCR untersucht werden. Eine solche Probe kann man leicht gewinnen, außerdem sind dafür keine Manipulationen bei Hund oder Katze erforderlich. Diese Methode gibt zuverlässig Aufschluss darüber, ob Helicobacter im Magen des Tieres sein Unwesen treibt. Allerdings ist zum Beispiel beim Veterinärlabor VetScreen, das viele Tierheilpraktiker nutzen, aktuell keine Differenzierung der Helicobacter-Arten möglich. Dies ist jedoch geplant.

Darüber hinaus bieten einige Veterinärlabore nach wie vor an, die Helicobacter PCR im Kot eines Tieres zu ermitteln. Allerdings eignet sich ein positives Ergebnis nicht dazu, um auf eine Magenbeteiligung von Helicobacter zu schließen, denn die PCR weist auch im Darm lebende Helicobacter aus.

Therapie

Bei einer schulmedizinischen Behandlung wird üblicherweise eine Kombinationstherapie gewählt, um Helicobacter zum Verschwinden zu bringen. Diese besteht aus einem sogenannten Protonenpumpenhemmer (etwa Omeprazol) sowie mehreren Antibiotika (beispielsweise Amoxicillin oder Metronidazol).

 

Bei einer längerfristigen Therapie entziehen jedoch diese Arzneimittel dem betroffenen Tier wichtige Mikronährstoffe. Protonenpumpenhemmer, wie etwa Omeprazol wirken sich beispielsweise negativ auf knochenwirksame Mikronährstoffe aus: etwa Vitamin D, Vitamin B12, Folsäure, Calcium, Magnesium, Eisen und Zink. Antibiotika räubern außerdem zum Beispiel Magnesium, zudem schädigen sie die Darmflora, also die nützlichen Bakterien im Darm.

 

Darüber hinaus erhöht die Einnahme von Protonenpumpenhemmern zumindest beim Menschen das Allergierisiko – dies fand eine Studie vor einiger Zeit heraus. Außerdem wird unter anderem dem Antibiotikum Metronidazol nachgesagt, dass das es sowohl eine exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI), als auch eine Pankreatitis begünstigen kann. Doch auch die Naturheilkunde kann die Behandlung von Helicobacter unterstützen – vor allem sanft und ganz ohne Nebenwirkungen.

Exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI): Diese Erkrankung beschreibt eine Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse. Wichtige Verdauungsenzyme bzw. ihre Vorstufen werden in diesem Fall nicht ausreichend vom sogenannten exokrinen Pankreas produziert.

Pankreatitis: Hierbei handelt es sich um eine akute oder chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Diese Erkrankung tritt vielfach bei Hunden auf, sie kann aber auch bei Katzen vorkommen.

Anmerkung der Autorin: Dies ist nur zu Ihrer Information und nicht als Anleitung zur Selbstdiagnose oder -therapie bestimmt. Sprechen Sie im konkreten Fall bitte Ihren Tierarzt oder einen Tierheilpraktiker in Ihrer Nähe an. Letztere finden Sie zum Beispiel unter: https://www.thp-verband.de/index.php/therapeuten/therapeutenliste oder https://kooperation-thp.de/Therapeuten.

Sabine Nawotka
Dipl.-Ök. und Tierheilpraktikerin
info@deine-tierheilpraxis.de
www.deine-tierheilpraxis.de

Sabine Nawotka ist Diplom-Ökonomin mit Schwerpunkt Marketing und Social-Media-Managerin IHK. Sie lebt und arbeitet seit 1997 in Münster. Die Ausbildung zur Tierheilpraktikerin war ihr so wichtig, dass ich währenddessen sogar ein attraktives Jobangebot in London abgelehnt hat.

Seit 2002 arbeitet sie als verbandsüberprüfte Tierheilpraktikerin mobil in und um Münster. Ihre Spezialgebiete sind das Verdauungssystem (Magen, Darm(flora), Leber, Gallenblase und Bauchspeicheldrüse) sowie die Fütterung von Hund und Katze (beispielsweise handelsübliches Futter und BARF).

Außerdem, ist sie seit Juni 2019 (fast) jeden Monat live als Expertin „Tiergesundheit“ beim Homeshopping-Sender CHANNEL21 im Format „Vier Pfoten“ zu sehen.

Titelfoto: Ute Friederike Schernau, https://ute-friederike-schernau.de/

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